Paradigma

Paradigma

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Pa|ra|dịg|ma 〈n.; -s, -dịg|men〉
1. 〈allg.〉 Beispiel, Muster
2. kurze Erzählung, die in Beispielen eine moral. Lehre erläutert
3. Denkmuster, das die herrschende wissenschaftliche Orientierung einer Zeit prägt
4. 〈Sprachw.〉 → Lexikon der Sprachlehre
4.1 Flexionsmuster
4.2 Gesamtheit an sprachl. Einheiten, die in einem sprachlichen Kontext gegeneinander austauschbar sind (z. B. hier, oben, darüber); Ggs Syntagma (2)
[<grch. paradeigma „Beispiel“]

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Pa|ra|dịg|ma [auch: …'ra:…], das; -s, …men […'dɪ…], auch: -ta […'dɪ…] [lat. paradigma < griech. parádeigma, zu: paradeiknýnai = vorzeigen, sehen lassen]:
1. (bildungsspr.) Beispiel, Muster; Erzählung mit beispielhaftem Charakter.
2. (Sprachwiss.) Gesamtheit der Formen der Flexion eines Wortes, bes. als Muster für Wörter, die in gleicher Weise flektiert werden.

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Paradịgma
 
[griechisch] das, -s/...men, auch -ta,  
 1) allgemein: Beispiel, Muster.
 
 2) antike Rhetorik: als (positiver oder negativer) Beleg für eine Argumentation angeführte Begebenheit.
 
 3) Philosophie und Wissenschaftstheorie: Nach Platon sind Paradigmen die Urbilder der sinnlich wahrnehmbaren Dinge. Sie werden für ewig, unveränderlich und ermöglichend gehalten, während die nach ihnen gestalteten innerweltlichen Dinge veränderlich und vergänglich sind. Aristoteles überträgt den Begriff Paradigma in den Bereich der Rhetorik, in der es ein rethorisches Schlussverfahren und einzelne Fälle von ihm bezeichnet.
 
In der Spätphilosophie von L. Wittgenstein sind Paradigmen »Muster« oder »Standards«, nach denen die Erfahrung verglichen und beurteilt wird. Die Paradigmen gehen der Erfahrung voraus und ermöglichen unsere Orientierungen. - In die moderne Wissenschaftstheorie und -geschichte wurde Paradigma von T. S. Kuhn eingeführt als Bezeichnung für die Gesamtheit aller eine Disziplin in einem Zeitabschnitt beherrschenden Grundauffassungen hinsichtlich Gegenstandsbereich und Methode. Das Paradigma ist für eine Disziplin konstitutiv, insofern es festlegt, was als wissenschaftlich befriedigende Lösung angesehen werden kann und welche Fragestellungen wissenschaftlich zulässig sind. Kontroversen löste Kuhns These aus, in der Wissenschaftsgeschichte träten »wissenschaftliche Revolutionen« im Sinne von Paradigmenwechseln auf, die zur Inkommensurabilität (inkommensurabel) der beteiligten Theorien führten (wissenschaftliche Revolution). Sie hat u. a. aber auch Eingang gefunden in die Ansätze des New Age aufgreifende zeitkritische Diskussion (u. a. F. Capra). Dem von Kuhn angeführten Beispiel des Übergangs von der klassischen zur relativistischen Mechanik in der Physik entspricht demnach ein sich in der Gegenwart anbahnender Übergang von dem auf mechanistischen Denken und den cartesianischen Subjekt-Objekt-Dualismus gegründeten Wissenschaftsmodell, das für die neuzeitliche Wissenschaft im Allgemeinen konstitutiv sei, zu einem ökologischen und integralen Denken.
 
 
D. Böhler: P.-Wechsel in analyt. Wissenschaftstheorie?, in: Ztschr. für allgemeine Wissenschaftstheorie, Jg. 3 (1972); K. Bayertz: Wissenschaftstheorie u. P.-Begriffe (1981);
 V. Goldschmidt: Le paradigme dans la dialectique platonicienne (Neuausg. Paris 1985);
 T. S. Kuhn: Die Struktur wiss. Revolutionen (a. d. Amerikan., 131996).
 
 4) Sprachwissenschaft: 1) die Menge der verschiedenen Flexionsformen (Deklinations- beziehungsweise Konjugationsformen) eines Wortes, die als Muster für eine Flexionsklasse dienen kann (Flexionsparadigma); 2) eine Menge von Elementen, die in einem bestimmten Kontext gegeneinander austauschbar sind, d. h. in paradigmatischer Beziehung stehen. Insbesondere im linguistischen Strukturalismus wichtig bei der Ermittlung von Phonemen und Wortarten, aber auch in der Semantik.
 

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Pa|ra|dịg|ma, das; -s, ...men, auch: -ta [lat. paradigma < griech. parádeigma, zu: paradeiknýnai = vorzeigen, sehen lassen]: 1. (bildungsspr.) Beispiel, Muster; Erzählung mit beispielhaftem Charakter: „Julia und die Geister“ ist das P. einer nicht überwundenen Kritik (Welt 6. 11. 65, Film); Es hat fast den Anschein, als verkörpere Aids genau zum richtigen Zeitpunkt ein neues, langsam gereiftes P. von Krankheit (Kursbuch 88, 1987, 131); Die völlig verfehlte, an animalischen Paradigmen orientierte „moderne“ Sexualerziehung (Spiegel 34, 1981, 9). 2. (Sprachw.) Gesamtheit der Formen der Flexion eines Wortes, bes. als Muster für Wörter, die in gleicher Weise flektiert werden. 3. (Sprachw.) Anzahl von sprachlichen Einheiten, zwischen denen in einem gegebenen Kontext zu wählen ist (z. B. er steht hier, dort, oben, unten), im Unterschied zu Einheiten, die zusammen vorkommen, ein Syntagma bilden (z. B. er steht dort).

Universal-Lexikon. 2012.

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